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Die Krankheit wird auch auf englisch als Motor Neuron Disease bezeichnet oder Lou-Gehrig-Syndrom genannt. ALS ist eine chronische und fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems. Dabei ist derjenige Teil des Nervensystems betroffen, der für die willkürliche Steuerung der Skelettmuskulatur verantwortlich ist. Es handelt sich um eine Schädigung der motorischen Nervenzellen (motorische Neuronen, Motoneurone) im Gehirn und Rückenmark.
Bei den an ALS erkrankten Menschen kommt es zu Muskelschwäche, Muskelschwund und oftmals Steifigkeit. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer fortschreitenden Lähmung, die schließlich alle Extremitäten erfasst. Auch die Muskulatur, die von den Hirnnerven versorgt werden (Zungen-, Schlund- und Gaumenmuskulatur), ist oft betroffen. Das erschwert die Artikulation und führt schließlich dazu, dass die Patienten nicht mehr sprechen können. Auch die Gesichtsmuskulatur wird irgendwann gelähmt. Da auch die Atmung Muskelkraft verlangt, müssen Patienten in späteren Krankheitsstadien auch maschinell beatmet werden.
Nach der Diagnose von ALS leben die Patienten durchschnittlich noch 3 bis 5 Jahre. Aber manche Patienten haben einen langsamen Verlauf der ALS mit Überlebenszeiten von mehr als 5 Jahren, manchmal sogar mehr als 10 Jahren. Menschen bei denen die Krankheit bereits sehr früh ausbricht haben, können, wie der bekannte britische Astrophysiker Stephen Hawking, länger als 30 Jahre mit der Krankheit leben. Individuelle Prognosen bei Patienten sind nicht möglich, weil es keine messbaren Parameter gibt, die so eine Voraussage ermöglichen würden.
Ja. Die ambulante Versorgung mit einem Pflegedienst zu Hause ist möglich und sichert auch am besten eine qualitativ hochwertige Pflege, die den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen gerecht wird. Allerdings gibt es nur wenige spezialisierte Pflegdienste, die beispielsweise in der Lage sind dauerhaft maschinell beatmete Menschen gut zu versorgen. Betroffenen können Pflegekräfte nach dem sogenannten Arbeitgebermodell aber auch gegebenenfalls selber anstellen.
Die ambulante Versorgung wird teurer, je intensiver der Pflegebedarf ist. Dass es oft kostspieliger ist einen Menschen ambulant zu versorgen, als im Heim, liegt vor allem daran, dass die ambulante Versorgung intensiver ist. Ein Mensch, der nur noch die Augenlider bewegen kann, benötigt eben jemanden, der andauernd bei ihm ist, um im Notfall sofort da zu sein (der Patient kann ja nicht mehr rufen) und auch sonst auf Wünsche und Bedürfnisse zu reagieren. Im Heim ist es oft so, dass nur alle ein bis zwei Stunden jemand kurz im Zimmer vorbeischaut. Das Sozialgesetzbuch 12 regelt in § 13, dass nur Menschen im Heim versorgt werden dürfen, denen das im konkreten Fall zumutbar ist. Die Kosten spielen erst im zweiten Schritt eine Rolle: Wenn die stationäre Pflege zumutbar ist, muss geklärt werden, ob die ambulante Versorgung teurer ist. In Fällen wie bei Hans Jürgen Leonhard ist die stationäre Pflege im Heim aber nicht zumutbar, weil sie den medizinischen, sozialen und psychischen Bedürfnissen des Patienten nicht gerecht werden kann.
Ja. Im „Drachenflieger”-Urteil hat das Bundessozialgericht 1999 anerkannt, dass bei einem beatmungspflichtigen Patienten eine Rund-um-die-Uhr-Behandlungspflege zu Hause von der Krankenkasse getragen werden muss, Im vorliegenden Fall führt dies zu einem Anspruch auf Behandlungspflege rund um die Uhr, weil der Kläger zur Sicherstellung seiner Atmung 24 Stunden lang ununterbrochen beobachtet werden muß und in regelmäßigen Abständen, auch nachts, Sekretabsonderungen abgesaugt werden müssen, um die Atemwege freizuhalten (BSG B 3 KR 4/98 R). Das Sozialgericht Bayreuth hat 2005 in einem Fall, in dem es auch um einen Patienten mit ALS ging die Krankenkasse verpflichtet, 20 Stunden ambulante Behandlungspflege täglich zu übernehmen (S 9 KR 110/05 ER). Allerdings waren diese Fälle immer dadurch geprägt, dass die Kläger noch zu Hause wohnten und nicht, wie Herr Leonhard auf Anraten der Krankenkasse bereits ins Heim gezogen waren und nun wieder das Heim verlassen wollen. Aus rechtlicher Sicht darf das aber keinen Unterschied machen: Wenn es sich als Fehler erweist, ins Heim gegangen zu sein, muss man auch die Möglichkeit haben, das Heim wieder zu verlassen. Es darf nicht zwangsläufig zur Endstation werden.
In sozialgerichtlichen Verfahren schreibt Paragraph 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vor, dass der Vorsitzende Richter alle entscheidungserheblichen Tatsachen aufzuklären hat. Da häufig medizinische Sachverhalte eine wichtige Rolle spielen, werden in sehr vielen sozialgerichtlichen Verfahren Gutachten durch den Vorsitzenden in Auftrag gegeben. Wenn der Vorsitzende -wie hier- ein Gutachten nicht für entscheidungserheblich hält, gibt Paragraph 109 SGG dem Kläger die Möglichkeit, das Gericht zu zwingen, einen bestimmten Arzt mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen. Allerdings muss der Betroffene dann meistens die Kosten für das Gutachten bezahlen.
2007 || www.nicht-im-heim-sterben.de || www.lebenswille.info